Hogida – et al – und was flüchten wirklich bedeutet

Ja, das Flüchtlingsthema ist auch in unserem beschaulichen Mini- Dorf an gekommen und ich nehme mit Bestürzung zur Kenntnis was in anderen Städten so geschieht. Und auch wenn man vielleicht dem ganzen Hype um die deren Namen ich nicht nennen möchte, auch ganz gut mit Humor begegnen kann – Hobbits gegegn die Isengardisierung des Auenlandes – ist mein Favourite, kommt mir bei dem was in Dresden allmontaglich abgeht die Galle hoch.

Dort werden Insignien einer friedlichen Revolte gegen ein Unrechtsregime verunglimpft und ein Sumpf relativiert und Salon- fähig gemacht, gegen den in Deutschland normalerweise zu Recht ermittelt wird. Ich möchte am liebsten 25 Jahre Solidaritäts- Zuschlag zurück erstattet erhalten.

Denn Solidarität ist genau das worum es geht und für Sachsen wird diese de Jure einfach eingezogen und im großen Stil verteilt und für andere … nunja.

Alles was man so hört geht es unseren 23 Flüchtlingen im Dorf ganz gut. Bei ca. 360 Einwohnern ist das schon ein stolzer Prozentsatz. Und dank engagierter Bürgerinnen und Bürger ist das auch kein Thema. Was wir zwischenzeitlich über das Verteilen der Flüchtlinge im Land gelernt haben spricht Bände und was hier von Organisation, den Flüchtenden selbst und auch dem Ehrenamt abverlangt wird, verdient zumindest Respekt.

Die Verteilung ist bitter und man fragt sich ob es wirklich nur so geht. Bundesländer erhalten ihren Anteil Flüchtlinge gemäß einem Schlüssel und ebenso wird auch auf die Landkreise weiter verteilt. Der Anruf, dass und wie viele neue Flüchtlinge ankommen erfolgt zuweilen erst wenn diese in einer der beiden zentralen Aufnahmestellen (Ingelheim und Trier) schon im Bus sitzen. Wenn man viel Glück hat auch schon mal 36 Stunden vorab.

Der Kreis hat sich nach bestem Wissen und Gewissen darauf vor bereitet, und geeignete Objekte gesichtet, gegebenenfalls angemietet und grundsätzlich ausgestattet. Diese Ausstattung hat den Charme einer spartanischen Jugendherberge der 70er. Mehr als ein Bett, einen Teller und einen Löffel braucht man nicht erwarten. Die hygienischen Einrichtungen eines Durchschnitts- Landbewohners teilen sich hier schon einmal acht Erwachsene.

Hierin werden die Flüchtlinge nach kurzem Aufenthalt auf der Kreisverwaltung per Taxi verfrachtet. Mit Glück gab es einen Zwischenstopp bei ALDI oder Netto zur Erstversorgung.

Was bedeutet das konkret?

In unserem Fall, dass zum Beispiel acht Syrische Flüchtlinge in einem Dorf ohne Bäcker, ohne Laden, ohne Arzt abgeladen werden. Aus der Gruppe spricht einer Englisch, im Dorf niemand Arabisch.

Drei der Flüchtlingen haben drei Tage später zeitig um neun Uhr einen Pflicht- Termin bei der aufnehmenden Ausländerbehörde in Trier. Die Busanbindung der Dorfes ist vielleicht nicht schlecht aber sicher nicht die Beste. Die hiesige Anbindungen an Oberzentren orientiert sich ganz sicher eher nach Mainz und Koblenz, beide nur halb so weit entfernt. Trier sind mit dem eigenen PKW im kürzesten Fall 89 Kilometer, für die einschlägige Routenplaner schon eineinhalb Stunden ansetzen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist die Strecke hin und zurück nicht zu machen. Immerhin ist dank der Bohr- Busse vom Flughafen Hahn aus überhaupt eine Verbindung möglich. Bei der Erstattung der Kosten wird erklärt, dass nur das Rheinland Pfalz Ticket erstattet wird, die Firma Bohr ist zu teuer – bei meines Wissens 14,- EUR pro Weg.

Wie mit dem Rheinland Pfalz Ticket überhaupt eine Verbindung nach Trier genommen werden soll, die nicht über Mainz oder Koblenz führt und mehr als zwei Tage in Anspruch nimmt, konnte mir bisher noch kein Mensch in den Verkehrsbetrieben erklären. Die Vorstellung dass die meisten der hiesigen Busfahrer dies auf Englisch versuchen würden, hat etwas kabarettistisches. Wie Menschen die unserer Sprache nicht mächtig sind das bewerkstelligen sollen ist mir ein Rätsel. Aber vorgesehen ist nur das Rheinland Pfalz Ticket.

Es erübrigt sich zu erwähnen, dass ein nicht- erscheinen ein Verlust etwaiger Asylansprüche erfüllt.

Von den Ärzten in der Umgebung ist erst der sechste Angesprochene bereit, die geflohenen Menschen überhaupt zu behandeln. Behandelt werden die ersten sieben Monate nur akute Schmerz- Zustände und Lebensbedrohliche Krankheiten. Karies, chronisches Rheuma, andere Traumata – Fehlanzeige. Dabei kommen die Menschen hier im beginnenden Winter mit nichts als den Kleidern auf dem Leib, an, erhalten bestenfalls irgendwann eine Hartz IV ähnliche Leistung mit der sie aber die Mehr- Aufwände zur Erfüllung ihrer Auflagen und ihrer rudimentären Gesundheitskosten selbst tragen müssen.

Es erübrigt sich zu sagen, dass es sich hierbei zum Teil um schwer traumatisierte Menschen handelt. Diejenigen, welche sich mit uns unterhalten haben sind über Jordanien und Ägypten aus dem zerbombten Damaskus geflohen. Die Flucht hat über ein Jahr gedauert. Die katastrophalen Bootspassagen nach Italien sind den Leuten nicht fremd. Die Verwandten von denen sie wissen, dass sie noch leben, sind über ganz Europa verstreut. Ein Besuch ist auf Grund der Reisebeschränkungen, der zur Verfügung stehenden Mittel und den Auflagen des Asylrechts nicht im entferntesten vorstellbar.

Das sind nur einige wenige Einblicke in die Alltagssituation von Leuten die nahezu alles verloren haben, was ihnen lieb und teuer ist.

Und vor diesen Menschen haben wir Angst, wollen sie los werden und gehen zu tausenden auf die Straße? Christliche Werte Gemeinschaft und Tradition sieht auf jeden Fall anders aus, das hab ich in meiner wenig christlichen Erziehung gelernt.

Ganz ehrlich, nach allem was Deutschland in den Jahren des Wiederaufbaus an Solidarität erfahren hat, sehe ich uns durchaus in der Pflicht. Unsere angeblich vorbildliche wirtschaftliche Gesamtsituation ist nicht allein ein deutsches Verdienst, sondern das der westlichen Alliierten, die mit einer nahezu bedingungslosen Integration in die westlichen Gemeinschaften und den Marshall- Plan das Wirtschaftswunder erst möglich gemacht haben.

Im weitesten Sinne auch die zur Verfügung Stellung der Mittel für die Solidarpakte nach dem Fall der Mauer, da diese auch nur ein wirtschaftlich einigermaßen leidensfähiger Westen in den Osten transferieren konnte. Insofern profitiert seit 25 Jahren eine halbe Nation von doppelter Solidarität.

Dass genau diese Region die Heimat, der Kern einer Bewegung gegen Solidarität ist, widert mich an. Vielleicht bin ich ungerecht gegen einige Menschen die dort wohnen und anderer Meinung sind – aber dafür sehe ich zu wenig Gegendemonstranten auf der Straße. Und für diejenigen, die sich hier nicht als diejenigen betrachten, welche beinahe vom rechten Rand der Scheibe fallen, diejenigen sollten sich ernsthaft fragen mit wem sie sich solidarisieren.

Hier fehlt mir jedes Verständnis.

Kyp.F.

8 thoughts on “Hogida – et al – und was flüchten wirklich bedeutet

  1. Sehr schöner Gedankengang, and well written! 🙂
    Ich habe allerdings das Gefühl, daß wir nicht in der Lage sind, uns wirklich differenziert mit der Sache auseinander zu setzen. Auf der einen Seite die (Achtung, fies jetzt!) gendertreuen Gutmenschen, die SPON-lesend alle Dresdner in die braune Ecke stellen und von allen Mitbürgern maximale Solidaritätsleistung fordern. In diese Richtung gehört auch dein Artikel, sorry. Auf der anderen Seite die vorurteils-behafteten Dauerbedenkenträger, die möglichst radikale Lösungen des “Problems” fordern und hinter jedem Dönerstand einen Terroristen vermuten. Am schrillsten sind dann kurioserweise oft die, die selbst irgendwann einmal den Zustand hatten, wie ehemalige Migranten oder jetzt die Solidaritätspakt-Sachsen.
    Die Politik ist nicht in der Lage, den Menschen hier einen klaren Kurs zu nennen. Auf der einen Seite sind Flüchtlinge Personen mit temporärem Aufenthaltsrecht, die auch irgendwann wieder in ihre Heimatländer zurückkehren sollen. Auf der anderen Seite hat man festgestellt, daß das in der Regel ziemlich lange dauert und daher eine größtmögliche Integration schon ganz wünschenswert wäre. Ja was denn nun?! Daher kommt es m.E. zu solchen dussligen Situationen, wie die du beschreibst.
    Was mich an dem Thema am meisten nervt ist dass in diesem Land nicht geradlinig und lösungorientiert damit umgegangen werden kann. Gleich ist man ein “Brauner” oder muss um die Wählerstimmen der doppelten Staatsbürger bangen. Oder man geht darüber hinweg und feiert wischi-waschi-Style ein paar tolle “Ehrenämtler”, die grandioserweise 1x im Monat mit den Asylanten ein Fußballspiel austragen. Hallo?! Das muss doch irgendwie anders gehen. Pegida hin oder her, ich bin wenigstens froh, daß wieder darüber gesprochen wird..
    Boah. 😀

  2. IMHO ist das zu kurz gesprungen, “my dear friend”. Denn alle ernstzunehmenden Betrachtungen zum Thema Demografie zeigen doch dass es ohne Zuwanderung in unserem schönen Land gar nicht gehen wird. Die Zuwanderer die auch den einschlägigen Krawall- Politikern genehm wären, ist schon seit geraumer Zeit Deutschland nicht mehr genehm. Und diejenigen die am lautesten Schreien sind nicht unbedingt die, denen ich an der Autobahnraste das Zehnerle auf den Teller werfe – und ich mag es wenn es an der Autobahnraste im Sanitärbereich schön sauber ist.

    Tatsächlich dürfen Flüchtlinge nicht mal deine Garage fegen ohne sofort ihren Status zu gefährden und sofort abgeschoben zu werden. Egal ob als Nidriglöhner, Ein- Euro- Jobber oder Qualifizierte Kraft. Die Zwei mit welchen ich als letztes gesprochen habe, wären ein Web- Designer, der könnte morgen hier um die Ecke anfangen, und ein Koch, der müsste nicht mal bis morgen warten.

    Die würden sogar “für Lau” oder Essen oder sonstwas arbeiten, Hauptsache die kämen für ein paar Stunden aus ihrer Bleibe raus.

    Nicht dass diese Grundsituation alleine schon wieder die Basis bieten würde, dass besonders perfide Schreihälse, die Leute dann doch ausbeuten, aber das steht auf einem ganz anderen Blatt.

    Unsere Politik ist nicht nur zur Integration nicht in der Lage, sondern auch dazu die grundsätzlichen Belange der täglichen Existenz, für diese Menschen in eine würdige Bahn zu lenken.

    Das Andere ist tatsächlich der Heimkehr- Willen, über den all zu gerne parliert wird. In unserem engeren Umfeld ist uns hier unlängst der Fall untergekommen, dass Opa und Oma einer zusammen geflüchteten Familie gerade nach Aleppo gereist sind, um nicht in der Fremde zu sterben. Das soll nicht zynisch sein, aber Aleppo ist ein guter Ort dafür, noch eine ganze Weile. Und zum Beispiel der o.g. Koch, sobald er von zu Hause erzählt, weißt du, dass er lieber heute als morgen gerne zurück möchte.

    Das aller Perfiedeste an den ganzen Diskussionen allerdings finde ich, dass der Aspekt welche dieser Auseinandersetzungen, die große Teile des Nahen Ostens und Nordafrikas unbewohnbar machen, tatsächlich Stellvertreter- Kriege oder auch Waffengänge auf Grund westlicher geopolitischer Interessen sind, also dass dieser Aspekt überhaupt nirgends mehr in Betracht gezogen wird.

    Hat man den Nahen Osten destabilisieren müssen? Ist unsere seinerzeit schwarz gelbe Regierung nicht dem großen Bruder zur Seite geeilt? Welche Verantwortung tragen wir denn für die Menschen aus diesen Regionen unabhängig davon ob sie gerade vor unserer Tür stehen?

    Und da ja Snowden eine Gefahr für den Westen ist … und für die Bundesregierung ganz besonders, und da man auch hier überhaupt keinen Aufklärungswillen unserer regierenden Kaste erkennen kann, werden wir diese Seite der Medaille auch nie verstehen können. Das wäre aber tatsächlich ein ganz eigener Thread.

    Kyp.F.

  3. Wer hat eigentlich dieses Demographie-Argument erfunden, nach dem unsere Bevölkerungzahl immer wachsen oder zumindest stabil bleiben muss?!
    Dieser Planet ist gnadenlos übervoll und über dem Rand seiner Kapazität. Uns sollte der Rückgang der Zahlen eigentlich freuen. Auch wenn dann die Handymärkte irgendwann schrumpfen. Im übrigen sollte man Flüchtling und Zuwanderer nicht durcheinanderbringen. Da gibt es unterschiedliche Regelungen und Ziele. Der Zuwanderer möchte hier bleiben, der Flüchtling nur einen zeitweisen Unterschlupf.
    In der Praxis funktioniert das leider nicht. Viele Syrer möchten wie du bemerkt hast liebend gern wieder nach Hause, während ich vermute, daß ein Großteil der boat people aus Afrika eher in die zweite Kategorie fällt. Warum nicht einfach die Menschen fragen? Ich finde es genauso wie du furchtbar, daß den Leuten der Zugang zur Arbeit verwehrt wird, aus meiner Sicht das Hauptproblem beim Umgang mit Asylanten.
    Noch eine Anmerkung zu den Ursachen: Was als Stellvertreterkrieg begonnen hat ist inzwischen ein außer Kontrolle geratener religiös motivierter Flächenbrand. Das zu löschen wird vermutlich noch ein Jahrzehnt(e?) dauern und nur dann möglich sein, wenn die regionalen Großmächte (Türkei, Iran, Saudi) mitziehen.

    • Naja, Das Demografie Thema, das hat tatsächlich was mit dem Erhalt der Infrastrukturen und deinem Lebensstandard zu tun. Konkret hier im Kreis bzw. der Gemeinde bedeutet das, immer steigende Abwasserkosten welche die verbleibenden Rentner von immer weniger Kaufkraft tragen müssen, da die Kanäle mit Frischwasser gespült werden müssen um nicht zu verstopfen und/oder zusammen zu brechen. Die nicht Landgeflohenen Bewohner müssen steigende Müllgebühren – bei schwindender Kaufkraft – wegstecken, da die ehemals schwarze Landesregierung keine Rückstellungen für die still gelegten alten Mülldeponien gebildet hat. Die verursachen aber mitnichten keine Kosten sondern verseuchen sobald du nicht mehr das Sickerwasser aufbereitest das Grund- und damit Trinkwasser der Umgegend. Fallen mir noch so einige andere Beispiele ein.

      Und ich habe noch wenige Menschen gefunden die auf Infrastrukturen verzichten wollen. Und wir reden hier von so fundamentalen Dingen wie Trink- und Abwasser, Müllentsorgung, Energieversorgung, vielleicht auch Verkehr, aber da will ich gar nicht mal so laut schreien.

      Zuwanderung muss ja nicht nur in Berlin statt finden. Das kann sich vermutlich eh kein Zuwanderer auf Dauer leisten.

      Was das für jeden einzelnen Flüchtling bedeutet, will ich nicht mal diskutieren, das lässt sich ohnehin nicht verallgemeinern.

      Da aber der vielzitierte Flächenbrand eh erst mal gelöscht werden will und Wiederaufbau sicher auch nicht in wenigen Tagen erledigt ist, lohnt es sich auch hier für die Rückkehr- willigen Menschen eine Perspektive zu schaffen.

    • p.s. Dabei Verkneife ich mir mal noch die Kosten- Entwicklung im Gesundheitswesen und der Altersversorgung. Wenn die mit auf den Zähler kommen, müssen doch alle jungen Menschen in Lohn und Brot. Aber wie erlauben es uns die auf Grund von Befindlichkeiten vom Arbeitsmarkt ab zu koppeln. Wie bitter.
      p.p.s. Wohlgemerkt, wir reden hier von Gemeinden, den auf Grund unseres ausgereiften Wirtschaftssystems gerade von den Banken – genau denen die unlängst mit Steuermitteln gerettet wurden – Strafzinsen auf ihr Guthaben aufgebrummt werden. Genau das soll es auch noch geben, Kommunen mit Geld in der Kasse, statt einem Schuldenberg.
      p.p.p.s. Also SPON- Leser hin oder her, das System ist doch wenn man die verschiedenen unpopulären populistischen Einzelaspekte mal in Relation zueinander setzt, krank.

  4. Deine Bemerkungen zur Infrastruktur sind natürlich richtig. Bei uns lachen wir natürlich darüber, weil sich gerade diese an ihrer Leistungsgrenze befindet, während eine Fläche nach der andern zubetoniert wird und wir bald zu einem Stuttgarter Stadtteil umgewidmet werden. Wenn jeder zweite hier tot umfiele würde würde man das im Weihnachtsgedränge auf der Königsstraße wahrscheinlich nicht einmal bemerken. Es kommt halt immer auf den Standpunkt an 🙂
    Viele Grüße an die Bewohner des schönen Hauses kurz vor dem letzten Zaun 🙂

    • Also gerade in den stürmischen Tagen muss ich oft an “Ben den Bär” denken. Aber ich sag mal 10 Monate im Jahr werden wir ja dafür entschädigt 😉 gerade hab ich das Gefühl ich schleppe nur Holz zum Ofen und schippe Schnee.

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