Ich hätte es mir ja nicht träumen lassen aber die letzte Fernreise ging nach Russland. Aus welchem Grund auch immer, ich war plötzlich in Uglitsch, an der Wolga, 200 Kilometer nordöstlich von Moskau.
Alles was man so sieht ein normales russisches Städtchen, dem es auf Grund seines halbwegs berühmten Kreml, immerhin steht hier das älteste Gebäude des Yaroslavl Oblast, an dem regelmäßig die Wolga- Kreuzfahrer halt machen, vergleichsweise gut geht. Der Backsteinbau, des tausend Jahre alten Thinghauses ist wirklich imposant und man ahnt die Wurzeln der Architektur, die sich auch heute noch in den allgegenwärtigen mit Schnitzereien verzierten Holzhäusern wieder findet. Sind halt nicht alle so schön in Schuss wie bei “Dr. Schiwago”
Die Unterbringung war ganz ordentlich und auch wenn die Preise nicht ganz westliches Niveau erreichen, so muss man doch hier und da einige Abstriche machen. Dass man kaum Russisch spricht macht zumindest beim Früstück wenig aus, denn traditionell gibt es ohnehin nur die Wahl zwischen Kascha und Omlett und beides verstehe sogar ich. Ein halbwegs ordentliches Buffet gibt es nur wenn genug Gäste anwesend sind, was leider meistens nicht der Fall war.
Dafür entschädigt die Bleibe mit einem wunderschönen Ausblick:
Die Sonne braucht nicht darüber hinweg zu täuschen, dass man sich hier in skandinavischen Breitengeraden befindet und sobald man die Stadt verlässt, fährt man stundenlang durch Tundra.
Alles in allem eine Reise voller unerwarteter Eindrücke. Insbesondere die Menschen sind erheblich wärmer als das Wetter und wir haben eigentlich überall offene Türen vorgefunden. Die Tatsache, dass es an allem fehlt, schweisst scheinbar mehr zusammen als wir verwöhnten Westeuropäer uns meistens so vorstellen mögen. Mit jedem Kilometer den man sich von Moskau entfernt, scheint der Mangel größer zu werden. Jedenfalls vermitteln einem dies die Straßen.
Andererseits hat all das seinen Charme und ich komme reichlich zum Fotografieren.
Die Anreise erfolgt übrigens Wahlweise über Moskau oder St. Petersburg, egal ob man mit dem Autobus oder dem Wolgadampfer nach Uglitsch möchte. Der Autobus ist, allein wegen der Strassen schon ein Abenteuer. Wenn dann noch der Moskauer Berufsverkehr mit seiner Unsitte von acht Spuren zwölf zu benutzen hinzu kommt, ergänzt durch einen Plattfuß, den jeder fünfte Autobus einmal die Woche zu haben scheint, dann ist das schon einmal eine Erfahrung für sich.
Auch die Wahl des “Billigfliegers” über Vnukowo ist zumindest mit Vorsicht zu geniessen. Die Annahme, dass am internationalen Terminal ausser dem Zolloffizier irgendwer Englisch spricht, war jedenfalls vermessen. Da Hände und Füße sehr schlecht funktionieren, wenn man es eilig hat, empfiehlt sich eine Anfahrt am Abend zuvor und eine Übernachtung in Flughafennähe.