Netz- Inquisition: Herr Lanz zu unrecht auf dem Scheiterhaufen?

Aktuell zwei Kommentare auf Spiegel online setzen sich kritisch mit dem Umgang mit Herrn Lanz auseinander “Markus Lanz in Not: Der Christian Wulf des Showgeschäfts” titelt der Letzte. Vermutlich finden sich anderen Ortes mehr.

Dabei wird die Frage aufgeworfen, ob der anonyme Netzmob sich nicht schlicht und ergreifend an der Steinigung einer vielleicht fragwürdigen, nichts desto trotz legitimen Persönlichkeit des Journalimus vergeht. Alles in allem erscheint die Argumentation durchaus plausibel und der dahergelaufene Plebs sonnt sich unkritisch in seiner zu unrecht gerafften neuen Macht. Schließlich gäbe es das Steuerungsinstrument der Fernbedienung.

Ich teile ihre Meinung nicht, werte Autoren! …

Meiner bescheidenen Meinung nach unterscheidet sich die Situation gegenüber dem privaten Fernsehen oder auch des regulären Investigativen Journalismus – spiegel online, Print- Ausgabe des Spiegel, Stern, Focus sehr.

Herr Lanz nimmt für sich ein pseudoinvestigatives Format in Anspruch und nicht etwa in einem privat finanzierten Medium, sondern im Gebühren- finanzierten öffentlich rechtlichen Fernsehen, das einen allgemein gültigen Bildungsauftrag im Rucksack hat. Genau deswegen müssen sich die Herrschaften eben nicht ausschließlich über freiwillige Abo- Gebühren und Werbung finanzieren.

Im Gegenteil. Das Steuerungsinstrument der Quote ist ja gerade im öffentlich rechtlichen Bildungsauftrag ausgehebelt und wird über eine nunmehr zwangsweise bei allen Bürgern erhobene Gebühr untermauert. Argumentativ damit auch die nicht mehrheitsfähigen Informationsbedürfnisse gestillt werden und mit diesem Qualitätsanspruch drückt man beim Thema Quote doch auch gerne einmal ein Auge zu.

Genau damit aber, werte Autoren unterwirft sich Herr Lanz höheren Ansprüchen an sein journalistisches Schaffen. Muss wenn er investigativ unterwegs ist eben nicht nur effekthascherisch Stimmung treiben und auf die Quote schielen, sondern eine hohe Qualität liefern. Und wenn er nur so tut als ob, dann mit Verlaub, ist das Eis nun mal recht dünn.

Auf dieses dünne Eis achtet er nicht, wenn er missliebige Politiker nicht ausreden lässt.

Ihre Argumentation ließe ich vielleicht noch gelten, würde Herr Lanz einen Herrn Seehofer behandeln wie eine Frau Wagenknecht – dann wäre es eben das Format, so ihr Argument – aber genau das, werte Damen und Herrn, macht er eben nicht. Ich bin sicher nicht der Meinungen von Frau Wagenknecht und tendenziell halte ich meine Einstellungen nicht verdächtig besonders weit Links zu sein. Aber diesen Umgang kann ich im Gebühren- finanzierten Fernsehen nicht tolerieren. Es gilt der öffentlich rechtliche Bildungsauftrag, in dessen Sinne jedem Bürger in die Tasche gegriffen wird.

Das Netz gibt jetzt diesen kritischen Meinungen eine Stimme, die auf der Couch und mit der Fernbedienung im statistischen Grund- Rauschen unhörbar blieben. Wie übrigens ihre Stimme auch, so sie denn nicht im Spiegel publizieren könnten. Wer hat denn alles hingezappt um Herrn Lanz im Amt zu behalten? – könnte man fragen. Wenn er so toll ist, kann das Abstimmungs- Medium Fernbedienung für die kommende “Wetten Dass???” Folge nur Gutes bedeuten.

Am besten finde ich die Stelle an der sie sich versteigen, eine vermeintliche Anonymität im Netz zu postulieren. Das ist peinlich und des Spiegel eigentlich nicht mehr würdig. Die Petition wird unterzeichnet und jeder steht mit seinem Namen für diese Meinung gerade. Im Rahmen der Berichterstattung über die Kampagne und die einschlägige Diskussion in verschiedensten online Medien treten viele dieser Menschen, welche sich hier um ihre Gebühren betrogen sehen, hervor. Jeder dieser Menschen hat ein Gesicht – oder wenigstens doch einen Namen.

[Cut – hier war ich echt nicht nett, ist ok. – 25.01.2014]

Zu guter Letzt, finde ich hinkt auch der Vergleich mit dem späten Herrn Wulff. Vermutlich krabbelt er schon, so sehr hinkt dieser.

Ist Herr Wulff denn noch Präsident? Ist er denn in allen Verfahren aus dem Schneider? Gäbe es denn überhaupt Verfahren wenn er über jeden Anfangsverdacht erhaben wäre? Ich bin weder Jurist noch Prozessbeobachter, aber Momentan sehe ich in den Schlagzeilen ihrer Kollegen durchaus Zeugenaussagen, welche hier begründete Zweifel an der Integrität in der Rolle des Präsidenten aufkommen lassen – selbst wenn  es nicht Strafrechts- relevant wird.

Auch Herr Wulff hat sich freiwillig und frohen Mutes in eine exponierte Position begeben, welche ihm besondere Aufmerksamkeit und noch erheblich größere Privilegien garantiert. Dies im Übrigen auch Steuer- finanziert und eben nicht privatwirtschaftlich, über Präsidenten- Puppen und Werbung auf dem Dienstwagen. All das, insbesondere die erhabene Integrität des Präsidenten, unterwirft ihn auch besonderen Maßstäben. Ob er diesen gerecht werden kann, hat auch in diesem Fall derjenige, völlig ohne Herrn Wulffs zutun, veranlasst, der ihn für dieses Amt vorgeschlagen und in den entsprechenden Abstimmungen unterstützt hat.

Allerdings hat Herr Wulff nun einmal diese Wahl angenommen.

Wenn all dem nicht so wäre, hätten wir in Bellvue vielleicht eine riesige WG.

Ob er sich hinzu noch glücklich verhalten hat, oder nicht und mit geeignetem Kriesen- Management sich hier vielleicht durch die verfahrene Situation hätte durch lavieren können, möchte ich nicht betrachten. Fakt ist, er ist über seine eigene Hybris gestolpert, als er annahm, dass für ihn andere Regeln gällten, als für den Rest der Bürger – er hat sich halt vertan, bei der Interpretation der Regeln.

Insofern sei der Vergleich mit Herrn Lanz gestattet. Alleine der Schluss bezüglich einer ungerechten – zumindest überzogenen Behandlung fällt meiner Meinung nach gegenteilig aus.

Vielleicht fühlen sich die Journalisten insofern betroffen, als Ihnen ähnliches widerfahren könnte und suchen so die Solidarität, aber das fände ich wiederum all zu offensichtlich.

kyp.F.

[Update 1:]

Als wäre es nicht genug jetzt diese Axt in die gleiche Kerbe! Das lamentieren als “böse bürgerliche Presse” abgestempelt zu werden, kann einem zu den Ohren raus kommen, wenn doch jeder Artikel zu diesem Thema im gleichen Tenor mündet.

Wer denkt ich wäre empfindlich, dem empfehle ich den Blogg von Stefan Niggemeier, der sich die Mühe gemacht hat, ein paar wirklich wertvolle Dialoge aus fraglicher Talkshow schriftlich zu fixieren. Wenn Frau Wagenknecht schon nach zwei Worten in der Beantwortung der unmittelbar zuvor gestellten Frage unterbrochen wird, kann ich da keinen Grundzug zivilisierter Gesprächsführung erkennen. Ob sie sachgerecht Antwortet oder nicht, ist doch noch gar nicht zu erkennen.

[Update 2:]

Sehr bemerkenswert vor diesem Hintergrund finde ich auch das Interview der Wirtschaftswoche mit Frau Andrea Verpoorten, medienpolitische Sprecherin der CDU. Auch wenn die einschlägige Journallie aus Angst vor Qualitätsansprüchen gerade auf Gegenwind und die Oberen bei ZDF auf Durchzug stellen, genau darum geht es: DEn öffentlich rechtlichen Bildungsauftrag, mit der hoheitlichen Gebührenfinanzierung.

 

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