“Was machst du so?” – “Irgendwas mit Computern!”

… ist irgendwie das neue “irgendetwas mit Medien”. Jedenfalls könnte der Eindruck entstehen, jedenfalls wenn man häufiger Bewerbungen auf offene IT Stellen lesen darf.

Oder: Wie bewerbe ich mich richtig?

Liebe Bewerber: Das ist nicht so. Oft haben die ausgeschriebenen Stellen einen Titel und teils auch wirklich sehr konkrete Inhaltsbeschreibungen. Es wäre wirklich schön wenn eine Bewerbung auch einen latenten Zusammenhang mit den offerierten Jobs erkennen ließe. Die Menschen, welche Stellenausschreibungen formulieren – im Übrigen im Abgleich mit dem Bedarf der Organisation sowohl hinsichtlich Schaffenskraft als auch dem angestrebten Skillset – haben sich meistens ziemlich viel dabei gedacht, genau die angepriesenen Stellen aus zu formulieren.

Mehr noch: Es herrscht oft ein Mangel an genau den Fähigkeiten die dort beschrieben werden. Wenn die Not ganz groß ist, dann finden sich in den Beschreibungen Öffnungsklauseln, die den Spielraum für Kompromisse zumindest grob umreißen. Bewerbungen zu senden, die damit gar nichts zu tun haben, dagegen, ist dann schon eine beiderseitige Zeitverschwendung, wenn nicht gar unverschämt.

An der Stelle sei noch erwähnt, dass in den 90ern über einen Mediamarkt- Prospekt gestolpert zu sein oder bei einem Gameboy die Batterien ausgetauscht zu haben, nicht zwangsläufig eine qualifizierende Maßnahme war. Tatsächlich möchte ich relativieren, dass ich nichts gegen Quereinsteiger habe, aber auch dann sollte irgendwie eine systematische Affinität zu realweltlichen und dem Berufsleben angemessenen IT Themen erkennbar sein.

Wie liest denn ein Entscheider die Bewerbung?

Erstmal ganz allgemein sollte eine Bewerbung in der IT in etwa die folgenden Bestandteile haben, auf die ich im Folgenden kurz eingehe:

  • Ein Anschreiben
  • Ein CV kurz für curriculum vitae
  • Relevante Zeugnisse von Schul- bzw. Ausbildung
  • Arbeitszeugnisse
  • Zertifikate

Dabei gelten zwei bis drei Grundregeln. Das Anschreiben sollte knackig und kurz sein und einfach darlegen auf welche Stelle man sich, vielleicht noch zu welchen Modalitäten bewirbt. Fertig. Kein Entscheider will einen Roman lesen – und auch keine redundante Information und der Wesentliche Beitrag zum Erkenntnisgewinn ist dabei dann der CV.

CV ist die angloamerikanische Fassung des Lebenslaufes, der sich in den IT- Berufen auch hierzulande zunehmend durch setzt. Im Gegensatz zu den Lebensläufen die in eher traditionellen Umgebungen vermittelt werden gestaltet sich der CV von heute an in die Vergangenheit. Auf der ersten Seite kommen auf jeden Fall alle tabelarischen Informationen zum Menschen der sich vorstellt und sein Werdegang wird dann von seiner aktuellen Position rückwärts beschrieben.

Dabei liegt der Schwerpunkt tatsächlich auf den Tätigkeiten, die man ausgeübt hat und die Kenntnisse un Fertigkeiten die dabei zum Einsatz kamen. Ein guter Ansatz sind dabei entweder Verantwortungsbereiche oder herausragende bzw. wesentliche Projekte aus der jeweiligen Schaffensphase. Und auch hier gilt, die Aufmerksamkeit des Lesers nimmt mit fortschreitender Lesedauer ab. Meine persönliche Einschätzung ist, dass kein Mensch mehr als die ersten drei Seiten wirklich liest und so sollte man seinen Lebenslauf wirklich so versuchen zu verdichten, dass er nicht nennenswert länger ist.

Kein Mensch interessiert auf Seite 23 eine Technologie in einem Projekt die irgendwo im Kleingedruckten noch aufgetaucht ist und die der Bewerber aus sicherer Entfernung bei einem Kollegen gesehen hat. Auch wird erst mal unterstellt, dass die aktuellsten Berufserfahrungen auch die frischesten sind und die stärkste Prägung auf das heute angestrebte Tätigkeitsprofil mit sich bringen. Insofern lohnt sich wirklich die Fokussierung auf aktuelle Themen. Der Blick in die Vergangenheit zeigt Stringenz oder Perspektivenwechsel, Kontinuität und andere Veranlagungen aber sicher keine Detailkenntnisse mehr.

Im Umkehrschluss lässt die abgestufte Verdichtung von Information strukturiertes, reflektiertes und überlegtes Handeln erahnen und dokumentiert Arbeitsweise mehr als irgendein spitzfindiges Detail. Wenn dann noch die Form zunächst einmal fehlerfrei und strukturiert ist, dann ist das die allerbeste Eintrittskarte. Sollte dazu noch das Layout ansprechend und hochwertig sein, dann dokumentiert das dazu noch Werkzeugbeherrschung und technische Kreativität. Sind keine Layout Fehler vorhanden zeugt das von Aufmerksamkeit und Liebe zum Detail. Wie cool ist das denn alles.

Tatsächlich sollten diese Tätigkeitsschwerpunkte dann zu den Fokus- Kenntnissen, die im CV normalerweise auf der ersten Seite auch zusammengefasst werden sollten, passen. Dabei sollte ich mir genau überlegen, was für mich den Kern meiner Fähigkeiten aus macht. Brauche ich vier Seiten all das nieder zu schreiben, würde auch hier eine Abstraktionsübung helfen, um geeignete einschließende Synonyme zu finden. Verzettelt man sich hier, glaubt einem ohnehin keiner mehr, dass man all das wirklich gut kann bzw. man dokumentiert vor allen Dingen was man eben nicht wirklich kann, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und kurz zu fassen.

Ganz brilliant könnte einem die Idee vor kommen, sich auf die Themen und Projekte zu konzentrieren, die im Zusammenhang mit der ggfs. ausgeschriebenen Stelle stehen. Das würde zumindest eine latente Eignung dokumentieren und selbst wenn Routine oder tagesaktuelles Know-How fehlen, zeigt es doch zumindest die Anknüpfungspunkte und wie man sich in die Umgebung beim neuen Arbeitgeber möglicherweise integrieren kann.

Das Beifügen von Zeugnissen dient dann vor allen Dingen der latenten Bezeugung des zuvor Angeführten. Auch da gilt – Augenmaß liegt vorne – habe ich zölf mal die Schule gewechselt, reichen vielleicht die Abschlusszeugnisse von Gymnasium und Hochschule, oder Berufsfachschule und Ausbildung. Habe ich schon einen längeren Lebensweg hinter mir reichen vielleicht die Arbeitgeberzeugnisse der letzten zehn Jahre oder der drei oder vier von mir als wesentlich erachteten Stationen im Lebenslauf. Habe ich 63 Zertifikate dann interessieren hier vor allen dingen wahlweise die Hochwertigsten oder die Aktuellsten. Das Laptop Vertriebs Zertifikat von 1997, da kräht heute mit Verlaub kein HAHN mehr danach.

Tatsächlich setzt sich zusehends die Meinung durch Arbeitgeberzeugnisse seien irrelevant geworden und dem Aspekt “Beurteilung” kann ich mich da dank der Unsitte, dass man fast ein beliebig gutes Zeugnis einklagen kann, durchaus anschließen. Allerdings lese ich die Zeugnisse von unten nach oben. Das einzige Detail eines Zeugnisses, das nicht eingeklagt werden kann ist die Grußformel und es macht einen riesen Unterschied ob einen der “verlassene Arbeitgeber schmerzlich vermisst und die Tür für eine Rückkehr immer offen steht” oder die Ausführung so kurz ist, dass eine Interpretation sein kann “Endlich ist der Mensch weg, weil er sowieso nichts konnte, die Kollegen vom Arbeiten abgehalten hat und am Schluss auch noch mit der Hand im Silberbesteck erwischt wurde”. Wesentlich ist also ganz oft was dort nicht steht. Und im Gegensatz zu meinen Kollegen von den Personalabteilungen lese ich auch häufig noch die Einsatzgebiete und ob die zu den in den Schwerpunkten formulierten Themen passen.

Ich unterstelle den Bewerbern dabei durchaus eine gewisse wohlwollende Redaktionelle Freiheit bei der Selektion ihrer Unterlagen. Jedoch würde ich in diesem Fall selbst niemals mein Anschreiben ohne den Vermerk “Die Auswahl der Zeugnisse und Zertifikate stellt nur einen mir wesentlich erscheinenden Teil meiner Bewerbungsunterlagen dar. Sollten sie die vollständigen Unterlagen zur durchsicht wünschen, reiche ich diese auf Nachfrage gerne nach.” Ebenfalls hätte ich zu einem eventuellen Vorstellungsgespräch die vollständigen Unterlagen dabei. Ob diese dann auf den Tisch kommen oder nicht, das steht dann auf einem anderen Blatt und oft reicht dann der Eindruck man würde zu allen Inhalten des CV stehen.

Letzter Punkt bezieht sich dabei aus meiner Sicht auch explizit auf Auszeiten oder Umorientierungen. Jeder Mensch hat ein Recht darauf sich auch einmal anders zu orientieren oder vielleicht sogar einmal zu sagen “ich steige jetzt mal ein Jahr aus”. Beim Stichwort lückenloser Lebenslauf zählt das nicht als Lücke. Allerdings sollte man Rede und Antwort stehen und auch stringent erläutern können was hier wie Phase war. Das ist bei weitem nicht so schlimm, wie beim Flunkern erwischt zu werden, denn das wirft die Frage auf wie oft noch geflunkert wurde. Und es erübrigt sich auch, dass alle drei Jahre Umorientierung oder Auszeit eben nicht auch auf einen Konsequenten Einsatz beim Arbeitgeber hin deuten.

Ich schreibe all das, weil mir in den letzten Bewerbungsrunden die ich begleiten durfte keine einzige Bewerbung vor gelegen hat, von der ich alleine auf Grund formaler Kriterien vom Fleck weg gesagt hätte: Hier stimmt zumindest die Aktenlage – unabhängig von den Inhalten der Dokumente. Es ist unfassbar, was hier abgegeben wird und ich reagiere zunehmend allergisch, wenn mit keinem Deut klar ist, was die Bewerbung mit dem benötigten Skillset zu tun hat. Wenn ich mal jemand beim PC zusammenschrauben zugesehen habe und dann der Gipfel meines tief empfundenen IT Interesses ist, den WLAN Key des väterlichen Internet Routers in mein Handy eingetragen zu haben, dann fällt es mir schwer zu glauben, dass im Zeitalter des Internet, in dem jeder abgestaubte PC noch einen VMWare Player beherbergen und einmal ein Linux oder sonstetwas konfliktfrei anstarten kann, das wirklich ein Herzenswunsch ist IT zu machen.

Noch schwerer fällt mir die Vorstellung solche Menschen an Live Datenbanken, die Internetanbindungen von Unternehmen, die Arbeitsprozesse von hunderten Mitarbeitern heran zu lassen. Operative IT ist geprägt von Urteilsvermögen, Sorgfalt, Mut und Selbstvertrauen gepaart mit dem Richtigen Level von Paranoia, seine Tätigkeiten so robust ab zu sichern, dass man weder Informationen verliert noch Prozesse tatsächlich unterbricht. Das sind fundamentale Arbeitsweisen und Charactereigenschaften, die sich irgendwo in einem Leben gezeigt haben sollten und ab dann kann man über alles reden – selbst wenn diese Erfahrungen dann Fachfremd gewesen sein sollten.

Alles andere ist Zeitverschwendung, und das in einer Zeit in der fast Nichts so kostbar geworden ist wie Zeit.

In diesem Sinne. Kyp.F.

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