Wozu überhaupt HDR, viele sagen das wäre gemogelt oder übertrieben ? Nein ist es nicht. Technische Aufnahme- und Wiedergabe- Verfahren (Druck, Bildschirm, Kamerasensor) haben einfach einen begrenzten Kontrast und Farbumfang und an der Stelle kontern gerne die Puristen, dass analoger Film und Papier hier der Digitalen Welt weit voraus sind.
Recht haben sie – wenn auch vielleicht nicht so sehr, wie sie gerne hätten, denn auch Chemie hat “Auflösungsgrenzen” und setzt man hinreichend fortgeschrittenes Material dagegen, sieht auch Chemie alt aus. Allerdings können sich die wenigsten Freizeit- Fotografen eine Hasselblad H5D-50 – 16 Bit Auflösung pro Farbkanal – leisten. Was tun ?
Einen Aktuelle Canon 70D hat immernoch 14 Bit Auflösung pro Farbkanal. Das ist zum Einen erheblich mehr als die 8 Bit pro Kanal die Üblicherweise bei Bildschirmdarstellungen, 4 Farb- Druck oder in einer JPG Kodierung dargestellt werden. Zum Anderen gehen die Daten bei Verwendung der RAW Dateien nicht verloren.
Was will man jedoch mit der Informationsdichte einer RAW- Datei anfangen, wenn diese nicht mit den gängigen Mechanismen darstellbar ist? Typischerweise findet ein digitaler Entwicklungsprozess statt – analog einer Chemischen Entwicklung, der anhand von Parametern im entsprechenden Tool (Kamera-Hersteller, Lightroom, Raw Therapee, …) die Bild- Daten neu berechnet und auf einen darstellbaren Umfang reduziert. Wahlweise hat das schon die Kamera für einen erledigt, so man denn JPG als Ausgabeformat nutzt.
Was bedeutet das? Nun – Da im bildgebenden Verfahren – der Kamera irgendwann mal ein Schwerpunkt gesetzt wird resultiert das typischerweise in Bildern, deren Glanzlichter so groß sind, dass man keine Konturen mehr erkennen kann, wie zum Beispiel ein Licht- durchdrungener Wolkenhimmel. Am anderen Ende der Skala “saufen die Schatten ab” wie zum Beispiel in mediterranen Gassen bei strahlendem Sonnenschein. Das menschliche Auge ist vielleicht in seinem geometrischen Auflösungsvermögen technisch zu übertreffen, jedoch sind die analogen Farbempfindungen deutlich sensibler, als heutige Bildgebenden Verfahren.
HDR – High Dynamic Range Imaging – versucht nun durch eine Spreizung des Farbraums und selektives Darstellen spezifischer Intensitäten die im Bild vorkommenden Farbtöne und Helligkeiten so zu verteilen, dass mit den im Medium, z.B. ein JPG oder die Bildschirmdarstellung, vorhandenen Mitteln, die gesamte Breite der vorkommenden Daten dargestellt werden können und ein durchgängiger optischer Eindruck entsteht. In den Glanzlichtern lässt man die dunklen Töne durch und in den Schatten hebt man die dunkelsten Teile an, so dass im sichtbaren Bereich ein fairer Mix entsteht.
Wie erhält man also dieses Daten-Spektrum? Indem man also aus optischer Sicht drei Bilder zusammen führt.
- Eines ist normal um den realistischen Farbeindruck mit einer “Baseline” zu versorgen.
- Eines ist überbelichtet um die Schatten mit Leben zu füllen und die dortigen Details isolieren zu können.
- Eines ist unterbelichtet um in den Hellen Bereichen noch Kontraste ermitteln zu können.
In der Zusammenführung werden also die jeweiligen Bereiche isoliert und aus dem vergleichsweise differenzierteren Bild deutlich stärker gewichtet. Rein technisch hat sich eine Über- bzw. Unter- Belichtung von jeweils zwei Blenden- Stufen bewährt, da hier die Abstände im Kontrast so groß sind, dass sie sich für eine Algorithmische Erkennung eignen.
Im Idealfall sieht also HDR gar nicht so künstlich aus, wie das oft der Fall ist, sondern man erhält sehr ausgewogene brillante Bilder, welche von natürlichen Seh- Empfindungen nicht mehr zu unterscheiden sind. Dass das nicht immer funktioniert steht auf einem anderen Blatt – manchmal landet man egal wie man die Parameter wählt in leicht übersättigten Bildern oder aber es lässt sich nicht genug Kontrast einfangen um der Szenerie die Langeweile zu nehmen.
Wahlweise ist natürlich das steigern der Sättigung durchaus ein Stilmittel um bestimmte Szenerien zu betonen, das im Übrigen auch in der analogen Photografie, genauso wie Solarisation und vieles andere, möglich war.
Rein technisch extrahiert man die entsprechenden Belichtungsstufen aus dem digitalen Entwicklungsprozess einer RAW- Datei, mit dem Luxus diese Bilder nicht zur Deckung bringen zu müssen. Andererseits ist die Verwendung der Entwicklungswerkzeuge nicht immer so einfach, dass der geneigte Heimanwender hier seine Freude hat.
Alternativ macht man tatsächlich drei Bilder von einer Szene und belichtet mittels der Kamera über bzw. unter. Die meisten Kameras haben ohnehin eine Einstellung zum AEB – Automatic Exposure Bracketing – die es einem ermöglicht einen definierten Blenden- Umfang auf und ab zu blenden. Das bringt jedoch einige Tücken mit sich. Hat man kein Stativ wird es schon schwer identische Bildausschnitte zu fotografieren. Befinden sich noch Menschen oder Tiere im Bild, bewegt der Wind Pflanzen, Blätter oder Wellen sind selbst die identischsten Bildausschnitte schwer zur Deckung zu bringen. Hier entsteht sogenanntes Ghosting, wenn Menschen nur halb entfernt werden oder komische Auren entwickeln, zu viele oder sich lose bewegende Körperteile haben – usw..
Auch wenn die Programme wirklich gut darin geworden sind, solche Bilder zur Deckung zu bringen und z.B. Wellenschlag zu glätten, tut man sich einen Gefallen, wenn man versucht nicht allzu viele bewegliche Teile im Bild zu haben und einen Wind- stillen Augenblick abzuwarten.
Um die Eingangsfrage zu beantworten: HDR dient zumindest mir meist dazu, ein Bild in all seiner Farben- und Kontrast- Vielfalt wieder zu geben, die ich mit meinen Hobby- mäßigen technischen Mitteln anders nicht erreichen kann. Die Verfremdung benutze ich nur gelegentlich um spezifische Szenen zu betonen. Im allgemeinen sind in diesem Blogg viel mehr Bilder mit HDR aufgenommen als der reguläre Leser vermutet. Und umgekehrt sind manche Bilder kein HDR, von welchen der ein oder andere Betrachter felsenfest überzeugt war, sie seien es eben doch.
In diesem Sinne, viel Spaß
F.